Das Glück einen Baum zu umarmen

Ich habe in einem alten Tagebuch gelesen und bin auf einem Lebensabschnitt gestossen, der mich noch beim Lesen den Schmerz spüren ließ und mir klar machte,dass es der schwerste, der schlimmste Abschnitt in meinem bisherigen Leben war.

Damals wurde mir im vorbeigehen, mitten in der Arbeitszeit eine für mich schreckliche Nachricht überbracht, die mein Leben schlagartig zerstörte und aus der Bahn warf.

Ich spüre noch jetzt wie mir der Boden unter den Füßen weggerissen wurde. Ich war tief verletzt, meine Wut, meine Verzweiflung, meine Trauer, mein Zorn war riesig. Wie konnte es jemand wagen mich aus meinem Rhythmus, aus meinem Alltag so herauszureissen, vollkommen unvorbereitet. Ich war vor den Kopf geschlagen und noch schlimmer; ich hatte keine Hoffnung mehr, schlimmer, keinen Lebensinhalt mehr..

Ich rannte in meiner Verzweiflung einfach ziellos davon, verließ meinen Arbeitsplatz, etwas das ich noch nie getan hatte. Kopflos ohne einen klaren Gedanken fassen zu können lief ich und endete in einem Wald. Ich wußte nur, daß ich diesen Wald nie mehr verlassen wollte. Ziel und rastlos ging ich umher, die Gedanken nicht zur Ruhe bringen können, mich immer nur im Kreise drehend ohne Ziel ohne auch nur den Hauch einer Chance zu sehen ohne einen Ausweg. Irgendwann blieb ich stehen, lehnte mich an einen großen Baum. Ich war innerlich tot, schon abgestorben. In meiner Verzweiflung, einer inneren Stimme folgend wandte ich mich dem Baum zu, sah ihn an, von seiner Wurzel, die über dem Boden herausragten bis hoch in seine Spitze schaute ich. Es war ein großer, ein starker Baum. Ich hatte das Bedürfnis, nein, er lud mich ein, ihn zu umarmen und das tat ich auch. Meine Arme erreichten nicht einmal die Hälfte seines mächtigen Stammen.

Und dann tat ich etwas sonderbares, ich erzählte dem Baum mein Leid, all meine Hoffnungslosigkeit all meine Trauer all meinen Schmerz erzählte ich ihm und ich hatte das Gefühl er hört mir zu. Ich stand dann da, nachdem ich leer und ausgebrannt war und dachte dies ist jetzt der Ort um ein Ende zu machen, immer noch diesen mächtigen starken Baum umarmend. Und dann spürte ich, wie ich ruhiger wurde und ich hatte das Gefühl er spricht zu mir. Ich konnte nicht anders als im zuzuhören. Ich spürte seine Kraft und seine Stärke die er an mich weitergeben wollte. Ja, ich fühlte diesen Baum. Seine Wurzeln fest in der Erde, sein Stamm stark und auch vom Leben gezeichnet hoch emporgereckt und seine mächtige Krone hocherhoben zum Himmel,stand er da,um mir zu zeigen das es weitergeht.

Ich spürte auch seine Wärme, denn ich war nicht angezogen und es war kalt, aber in meiner Umarmung spürte ich deutlich seine Wärme. Es war als hätte er auf mich gewartet. Um mir zu zeigen, das das Leben Spuren hinterläßt und das man standhaft sein muß. Das er da ist um mit mir seine Stäke und seine Kraft zu teilen, er hatte etwas von all dem übrig für mich und gab es mir ohne eine Forderung an mich zu stellen. Ich spürte eine Art Frieden und Ruhe in mir. Mein Schmerz war nicht vergangen, aber meine Hoffnungslosigkeit. Lange stand ich noch bei ihm, in diesmal liebevoll umarmend. Er war mein Freund geworden. Er hat mir das Leben gerettet und versucht mich wieder aufzurichten.

Als ich mich nach langer Zeit von ihm trennte hatte ich das Gefühl ich muß für das was ich möchte einstehen, kämpfen, nicht aufgeben, denn es war ein Ziel für das es sich lohnte, das hat er mir klar gemacht. Ich verabschiedete mich von diesem für mich wunderschönsten Baum und bedankte mich bei ihm. Ich hatte sogar ein bißchen das Gefühl seine Krone bewegte sich beim Abschied. -Auch der Wind hatte wohl zugehört.

Mein Problem hatte ich nicht beseitigen können, es zog sich noch über viele Jahre hin, noch heute, beim lesen konnte ich spüren das ich es eigentlich noch immer nicht überwunden habe, es hat eine tiefe Kerbe in meinen Stamm geschlagen, aber ich habe mit viel Liebe und dem guten Rat meines starken Freundes Baum einen Weg gefunden da zu sein, wo ich jetzt bin. Ich habe nicht aufgegeben.

Mein größter Wunsch ist es. Ihn noch einmal zu besuchen und mich bei ihm nochmals zu bedanken; werde ich jemals dazu kommen?


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